Vanessa Erskine vor dem Neuen Rathaus Hannover

Du lebst seit mehr als vier Jahren hier in Deutschland, davon drei Jahre in Hannover. Nenne mir eine Sache, die du an Deutschland magst und eine, die du nicht magst.
"Das ist eine echt schwere Frage. Ich denke eine Sache, die ich sehr an Deutschland mag, ist, dass sie sehr besorgt um die Umwelt sind und es grüner ist. Das Recycling-System ist systematisierter, es gibt die gelben, blauen und schwarzen Säcke und ich mag es sehr, dass es in Deutschland so viele unterschiedliche öffentliche Verkehrsmittel gibt. Es lässt sich also sagen, dass sich Deutschland als Land mehr um die Umwelt kümmert. Was ich nicht mag, ist die ganze Papierarbeit. Egal, was man machen muss, es ist immer mit viel Papierarbeit verbunden."

Was ist deine Lieblingsaktivität an einem sonnigen Samstag in Hannover?
"Ich wohne in Ricklingen und habe einen Hund. Ich mag es sehr, zu den Kiesteichen zu gehen oder zu einer der Hundewiesen in Hannover. Ich mag es meinen Hund auszuführen und ihn laufen zu lassen."

Wie balancierst du Sport und Familie?
"Ich versuche, mir Zeit für meine Familie zu schaffen, das ist wegen des Zeitunterschieds nicht immer ganz einfach. Es ist wie ein Termin, den ich mit meinen Eltern habe, um sie anzurufen. Wir setzen uns beispielsweise montags hin und ich frage, wenn mein Papa arbeitet. Von meiner Mama bekomme ich dann seinen Terminplan und wir entscheiden dann zum Beispiel, dass Mittwoch um 15 Uhr meiner Zeit am besten wäre. Mit dem Rollstuhlbasketball ist es echt angenehm. Wir haben über Weihnachten normalerweise auch im Sommer Pause, dann fliege ich zu meiner Familie in die USA. Ansonsten bin ich nur auf Rollstuhlbasketball fokussiert.

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Was denkst du, wie sich der europäische Stil Basketball zu spielen vom nordamerikanischen Stil, den du mehrere Jahre lang gespielt hast, unterscheidet?

"Einer der größten Unterschiede ist, dass wir mit unterschiedlichen Regeln spielen. Wenn man in Europa spielt, wird nach den IWBF Regeln gespielt, das bedeutet, dass der Key und auch die Zone deutlich größer sind als in Amerika. Auch die Dreipunktelinie ist weiter weg. Der Basketball hier in Europa ist deutlich professioneller als in den USA. In den USA gibt es nicht die Möglichkeit, beruflich zu spielen, aber hier in Europa sind die Vereine professionell und es gibt viel Unterstützung durch Sponsoren und Fans. Ein weiterer Unterschied ist, dass in Europa deutlich aggressiver gespielt wird als in den USA, die Schiedsrichter erlauben viel härtere Kontakte und ich finde, das macht dann auch ein bisschen mehr Spaß."

Was erhoffst du dir nächste Saison mit Hannover zu erreichen?
"Ich hoffe, dass die Europa League stattfinden wird und wir teilnehmen können. Das ist von Corona abhängig und dann hoffe ich, dass wir uns einen der ersten drei Plätze in der deutschen Bundesliga sichern können."

Hat dich jemand bestimmtes dazu inspiriert, wie du spielst?
"Ich denke, ich versuche immer noch herauszufinden, wie mein Spielstil ist. Ich glaube, dass ich für einen langen Zeitraum immer dachte, dass ich eine bestimmte Rolle spielen muss und bestimmte Sachen machen muss, neuerdings aber hat unser Coach Martin Kluck Einfluss auf mich gehabt. Er lässt mich kreativ sein und verschiedene Dinge ausprobieren. Ich glaube also, dass seine Ermutigungen sowie die des Teams mehr auszuprobieren, meine Art zu spielen deutlich verändert haben."

Warum hast du dich dazu entschieden, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen?
"Wenn du in einem Land lebst, das sich wie dein Zuhause anfühlt und du dieses Land dann verlässt und es sich anfühlt, als würdest du dein Zuhause verlassen. In dem Moment habe ich realisiert, dass ich hierbleiben möchte und von diesem Punkt an hat es Sinn gemacht, weil ich als Amerikanerin hier in Deutschland bin und das viele Einschränkungen mit sich bringt, beispielsweise wegen verschiedener Visa Arten. Jetzt, da ich die deutsche Staatsbürgerschaft habe, fühle ich mich wirklich frei und mir stehen viele Optionen offen. In Deutschland und Hannover fühle ich mich Zuhause und ich bin überglücklich, nun Staatsbürgerin zu sein. Hier fühle ich mich richtig."

Nun zu deiner deutschen Staatsbürgerschaft: Denkst du, dass du in Deutschland für eine lange Zeit bleiben wirst oder bekommst du manchmal Heimweh oder möchtest zurückziehen?
"Es ist so, als hätte ich zwei Familien und zwei Heimaten, denn wenn ich hier in Deutschland bin, vermisse ich meine Familie in den USA, aber wenn ich bei meiner Familie bin, vermisse ich es, hier in Deutschland zu sein. Man vermisst dann beides gleich stark, aber auf unterschiedliche Art und Weise und zu unterschiedlichen Zeiten. Ich fühle mich trotzdem glücklich, beides zu haben."

Möchtest du und hoffst du für die deutsche Nationalmannschaft ausgewählt zu werden?
"Es ist meine Intention und auch mein Ziel, wieder auf internationaler Ebene spielen zu können und Deutschland zu repräsentieren."

Würdest du dich komisch dabei fühlen, eine andere Nationalmannschaft zu repräsentieren?
"Nicht wirklich. Es wäre eine Ehre, Deutschland als mein neues Heimatland repräsentieren zu dürfen und ich bin glücklich darüber, diese Möglichkeit nun zu haben. Ich bin gespannt, was die Zukunft bereithält."

Also würdest du auch die Nationalhymne singen?
"Ja, auf jeden Fall! Aber es könnte sich nicht so schön anhören." (lacht)

Wo siehst du dich in zehn Jahren?
"Also in zehn Jahren werde ich vermutlich mit dem Basketballspielen aufgehört haben. Mein Ziel ist es, mich dann mehr auf meine Karriere in der Sporternährung zu fokussieren und bei einem Olympia Stützpunkt oder mit paralympischen und olympischen Sportlern und Teams zu arbeiten. Zur Zeit bin ich dabei, mein IOC Diplom in Sporternährung zu absolvieren, dabei habe ich mich besonders auf paralympische Sporternährung fokussiert. Dieser Bereich ist noch stark unterentwickelt und würde das schnelle Wachstum der paralympischen Bewegung weiterbringen. Somit hoffe ich, dass ich in 10 Jahren, auch wenn ich nicht mehr als Sportlerin auf dem Feld stehen werde, der nächsten Generation der Sportler dabei helfen kann, ihr maximales Potenzial auszunutzen." 

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