Ein gutes Händchen: Martin Kluck, Trainer von Hannover United in der 1. Rollstuhlbasketball-Bundesliga, hat mit seinem Team ein sehr erfolgreiches Jahr gespielt. Fotos: Lobback

Rollstuhlbasketball-Bundesligist Hannover United blickt auf das erfolgreichste Jahr der Vereinsgeschichte zurück. Playoff-Premiere, Super-Serie und Platz drei zum Ende des Jahres in der 1. Rollstuhlbasketball-Bundesliga (RBBL1): Im Interview spricht United-Trainer Martin Kluck über Verantwortung, Wachstum und die Chance, das DRS-Pokal Final Four im Februar auszurichten.

Martin Kluck, Platz fünf in der Vorsaison, Playoff-Premiere, dann in der laufenden Saison sechs Siege in Folge und Platz drei: Was macht diese Entwicklung bei Hannover United 2019 aus?
Dass alle mit so viel Leidenschaft dabei sind, ist der Hauptgrund. Jeder im Verein, angefangen beim Vorstand über die Ehrenamtlichen und Fans, steckt ganz viel Energie in dieses Projekt – das müssen wir als Mannschaft zurückgeben. Ich finde, das gelingt uns ganz gut. Der Wille, sich stetig zu verbessern, ist ganz entscheidend.

Gab es ein Momentum, das wichtig für diese Erfolgsgeschichte war?
In dieser Hinrunde ist dies das Spiel gegen Rahden am vierten Spieltag – keine schöne Partie, aber ein enorm wichtiger Arbeitssieg. Wenn wir das verloren hätten, wäre die Saison sicher bis heute anders verlaufen. Aber wir beißen uns mit zwei Punkten durch, nachdem wir die ersten drei Spiele verloren haben. Das war der Moment, als wir gesagt haben: Wir können das packen. 2020 heißt der erste Gegner auch Rahden, das wird wieder eine ganz, ganz harte Nuss und ist ähnlich richtungsweisend.

Jan Sadler hat im Sommer das Kapitänsamt von Eike Gößling übernommen. Wie hat er sich in die neuen Aufgaben reingefunden?
Ich bin sehr zufrieden damit, wie Jan diese Verantwortung interpretiert. Er macht das auf eine sehr authentische Weise. Er ist nicht der große Redner in der Kabine, der die Leute anpeitscht oder anpflaumt, sondern macht ganz viel zwischen den Zeilen, ist in Gesprächen für die Mitspieler da, muntert seine Leute auf. Das macht er sehr, sehr gut. Jan wird weiter in dieser Rolle wachsen. Zudem gibt ihm das Team Vertrauen zurück und das wirkt sich auch auf sein Spiel positiv aus.

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Mit Ex-Kapitän Gößling und Jack Gibbs haben zwei wichtige Spieler das Team verlassen.
Eike ist ja nicht weg, er spielt nur nicht mehr in der ersten Mannschaft. Man muss sagen, dass er einen großen Anteil daran hat, dass wir auch in dieser Saison so erfolgreichen sind. Eike trainiert mindestens zweimal die Woche mit uns. Wenn wir mit unseren Line-Ups laufen, bringt er Größe und Geschwindigkeit in die gegnerischen Line-Ups. Da geht ein großes Dankeschön an ihn. Er ist genau wie viele andere mit United groß geworden und ein ganz, ganz wichtiger Teil des Vereins. Jack war lediglich eine Saison bei uns, aber auch er hat seine Spuren hinterlassen. Er steht noch im Kontakt mit vielen aus dem Team und drückt uns jedes Mal die Daumen aus der Ferne. Es freut mich zu sehen, dass Jack mit seiner Familie und seinen Club in England glücklich ist.

Wie haben sich die beiden Neuen, Mariska Beijer und Tobias Hell, ins Team gefunden?
Mariska liefert reihenweise gute Spiele ab und ist durch ihre Athletik und ihren Wurf in Kombination mit ihrer Klassifizierung als 2.5-Punkte-Spielerin einzigartig auf der Welt. Wir können dadurch verschiedene Line-Ups aufstellen und sind variabler. Das hilft uns und hält Jan Haller, Oliver Jantz und Jan Sadler den Rücken frei. Sie kann zudem die Centerrolle besetzen und sich auch in der Zone gut durchsetzen. Wir können Mariska quasi einsetzen wie ein Schweizer Taschenmesser – das macht uns sehr schwer ausrechenbar. Tobi ist und bleibt super wissbegierig. Er ist noch nicht so weit, dass er viele Minuten bekommt. Was angesichts des riesigen Sprungs von der Regionalliga in einer der besten Ligen der Welt auch nicht verwunderlich ist. Aber er lernt von Woche zu Woche, ist engagiert. Wenn ich mit ihm über seine Spielzeit spreche, sagt er: ‚Ich weiss, worauf ich mich eingelassen habe. Ich möchte weiter lernen und mir meine Spielzeit erkämpfen.’ Das ist genau die Einstellung die man in seiner Situation haben sollte.


Seit United-Trainer Martin Kluck an der Seitenlinie steht, hat er besseren Zugriff auf das Spiel. Foto: Lobback

Hannover United hat in dieser Saison mit einigen Verletzungen zu tun gehabt. Trotzdem steht das Team auf Platz drei. Wie kommt das?
Verletzungen kannst du in der Saisonplanung schlecht kalkulieren, aber es ist eine Frage, wie man damit umgeht. Ich kann meiner Mannschaft nur ein riesiges Kompliment machen. Als Vanessa, Mariska oder Alex nicht spielen durften, sind andere in die Bresche gesprungen. Die Tiefe des Kaders gibt uns natürlich die Qualität, Ausfälle besser zu verkraften. Das hatten wir in der Vergangenheit nicht und ist sicher ein Puzzleteil des Erfolgs.

Seit dem Rückrundenauftakt sitzen Sie nicht mehr im Rollstuhl am Spielfeldrand, sondern stehen. Ein Vorteil?
Es war mir lange Zeit nicht bewusst, wie viel Potenzial ich als Trainer habe, wenn ich mich an der Seitenlinie bewegen, vor der Bande herumlaufen und Spielern Infos mitgeben kann. Mir macht es natürlich noch super viel Spaß zu spielen, deswegen war ich zu lange zu zögerlich mit der Entscheidung. In einer vollen Halle ist es aber schwierig, Spieler aus dem Sitzen heraus zu erreichen. Wenn ich zurückblicke, ist es eine richtige Entscheidung gewesen und es nützt uns und mir mehr, als wenn ich als Backup für eine sehr unwahrscheinliche Notsituation (Verletzung oder technischer Defekt) für irgendjemanden zwei, drei, vier Minuten spielen könnte.

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Lassen Sie uns einen Blick nach vorn werfen: Wie sind die Ziele für die zweite Saisonhälfte?
Wir wollen in der Liga Playoffs spielen, das haben wir vor der Saison als Ziel ausgegeben. Ich hätte gern in der ersten Runde Heimrecht. Dafür müssen wir Dritter oder Vierter werden. Wenn wir es ins Playoff-Halbfinale schaffen sollten, hat United den nächsten großen Schritt getan. Wenn wir es nicht schaffen, haben wir trotzdem besser abgeschlossen als in der letzten Saison, da wir in der Hauptrunde weiter oben standen. Unsere erklärte Maßgabe ist es, in Schritten zu wachsen.

Im April spielt Hannover United erstmals auf europäischer Ebene – die Qualifikation für die EuroLeague-Saison 2020/2021.
Das ist der nächste Schritt, den der Verein macht. Ich freue mich riesig darauf. Das wird eine ganz große Herausforderung. Wir müssen ein gutes Turnier in Frankreich abliefern und es gewinnen, damit wir 2021 in der EuroLeague spielen dürfen. Wir haben mit Mariska, Vanessa, Joe und Jan Haller vier Spielerinnen und Spieler, die die Erfahrung schon haben. Der Rest des Teams noch nicht, ich auch nicht. Von dieser Erfahrung werden einige extrem profitieren. Es ist eine ganz andere Belastung, in 48 Stunden vier Spiele zu absolvieren. Das wird ein großes Ding.

Was erhoffen Sie sich vom Final Four Ende Februar für Hannover?
In Hannover wird der zweitwichtigste nationale Titel im Rollstuhlbasketball ausgespielt – das ist eine große Chance für den Sport und für die Stadt. Wir wollen ein geiles Event ausrichten, für unsere Sportart und für unseren Verein hier in Hannover werben. Sportlich sind wir im Halbfinale gegen die Thuringia Bulls natürlich Außenseiter. Ob wir dann im Finale stehen oder die Zuschauer den Klassiker Lahn-Dill gegen die Bulls sehen oder Hamburg vielleicht eine Überraschung schafft, steht nicht im Vordergrund. Unser großes Ziel ist es, die Halle an den beiden Tagen voll zu bekommen. Wir wollen den Menschen zeigen, was wir für einen geilen Sport betreiben und auf welchem Niveau wir es tun – nämlich im Hochleistungsbereich.

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