"Danke für dein Engagement": United-Präsident Joachim Rösler (Mitte) ist das Herz von Hannover United. Fotos: privat/Maike Lobback

Hannover. Hannover United feiert 10-jähriges Jubiläum. Sicher, es ist ein kleines Jubiläum - vor allem im Vergleich zu einigen Rugby-, Hockey-, Tennis- und Fussballvereinen in der Stadt. Aber es ist ein Jubiläum und ein guter Zeitpunkt, innezuhalten, zurückzuschauen, sich zu erinnern. Ein bisschen Nostalgie, ein bisschen Nervenkitzel und eine gehörige Portion Rollstuhlbasketball. Im United-Interview spricht Vereinspräsident Joachim Rösler über die Vereinsgründung, seine United-Momente, den Klassenerhalt und das United-Gen.

Joachim Rösler, herzlichen Glückwunsch zum 10-jährigen Jubiläum von Hannover United. Am Sonnabend steigt beim Heimspielauftakt in der 1. Rollstuhlbasketball-Bundesliga das Jubiläumsspiel gegen die Hot Rolling Bears Essen. Was wünschen Sie sich für den Klub?
Ich wüsche mir auf jeden Fall eine volle Halle. Die Spielerinnen und Spieler haben sich das verdient. Sie haben sich lange Zeit ohne direkte Unterstützung von den Rängen durchgekämpft. Für unsere Helferinnen und Helfer ist es auch ein Highlight, sich um die Fans und Gäste kümmern zu können. Unsere Freunde und Partner vom SovD Niedersachsen kommen mit mehreren Kreis- und Ortsverbänden und werden gute Stimmung machen. Hannover ist heiß auf Rollstuhlbasketball - das haben wir zuletzt beim EuroCup gesehen, den wir im April ausgerichtet haben.

Auf dem Feld gibt es auch einiges zu feiern - schon vor dem Hochball.
Das stimmt. Unsere beiden neuen Australier Shaun Norris und Tom Mchugh geben ihre Debüts vor unseren United-Fans. Ich glaube, beide Seiten sind sehr gespannt, was jeweils auf sie zukommt. Und beide Seiten, Spieler und Fans, werden sehr viel Freude aneinander haben, wie ich aus der Mannschaft und von Martin Kluck höre. Außerdem hat unser Spielmacher Jan Haller am Sonnabend Geburtstag. Es ist also viel los. Ob es nach den 40 Minuten auch etwas zu feiern gibt, werden wir dann sehen. Aber ich bin optimistisch.

Sie haben 1989 beim BSV Sünteltal angefangen, Rollstuhlbasketball zu spielen. Waren Sie damals so optimistisch zu glauben, es könnte irgendwann in die 1. Bundesliga gehen?
Auf keinen Fall, obwohl ich schon den Anspruch hatte, weiter zu kommen als Oberliga. Ich war mit Mitte 30 einer der Jüngsten, das Gros der Mannschaft war Mitte 50. Damals kamen alle noch aus dem Rehasport vom Friederikenstift in Hachmühlen, haben in allen Ecken Niedersachsens gewohnt und hatten dementsprechend weite Anreisen. Wir haben darum nur alle 14 Tage sonnabends von 10 bis 15 Uhr trainiert, beim gemeinsamen Mittagessen gab es schon das eine oder andere Bierchen. (lacht)

Die Mannschaft hat Oberliga und Regionalliga gespielt. Einmal hat sie ans Tor der 2. Bundesliga geklopft …
Stimmt. Das war Ende der 1990er Jahre. Wir haben in Nienburg gegen Hamburg gespielt und verloren. Hamburg ist aufgestiegen. Ich war zu dem Zeitpunkt schon Vorsitzender de BSV Sünteltal, hatte zuvor meinen Vorgänger schon einige Zeit unterstützt. Das war mein Ding, mitzugestalten.

Wie ging es dann weiter?
2005 ist die Mannschaft in die Regionalliga aufgestiegen. 2006 haben wir dann die Spielgemeinschaft Oldenburg/Sünteltal gegründet. Beide Vereine hatten personelle Probleme bekommen. Die Spieler und Trainer Harald Fürup kannten sich teilweise vom Landeskader. Irgendwann ist dann die Idee geboren worden, zusammenzugehen. Daraus sind viele gute Freundschaften entstanden - und sportlicher Erfolg. Harald Fürup hatte die Vorstellung, dass es in Niedersachsen gelingen müsse, eine Mannschaft in der 1. Rollstuhlbasketball-Bundesliga zu etablieren. Den Aufstieg in die 1. Bundesliga hat Harald mit der Mannschaft 2011 geschafft.

In der Premieren-Saison hat das Team dann unter dem Namen Hannover United in einer Halle im Stadtteil Hannover-Misburg gespielt. Wie kam es dazu?
Die Halle in Bad Münder war nicht zugelassen für die 1. Bundesliga. Also sind Martin Kluck und Harald Fürup losgelaufen und haben versucht, einen Spielort in Hannover zu finden. Die einzige Möglichkeit war die Halle in Misburg - und die auch nur zum Spielen. Trainieren konnten wir dort nicht. Weil es aber schwierig war, als SG Oldenburg/Sünteltal in Hannover zu spielen, mussten wir den Namen ändern. Tan Caglar hat damals den Vorschlag Hannover United gemacht. Das fanden alle gut. In der Premieren-Saison sind wir direkt abgestiegen. Danach haben wir den Hannover United e.V. gegründet.

In den Folgejahren ging es abwechselnd rauf und wieder runter. Das wiederholte sich. Martin Kluck hatte inzwischen mit 27 Jahren als Spielertrainer übernommen. Gab es Überlegungen ob des ausbleibenden Klassenerhalts, etwas daran zu ändern?
Solche Überlegungen gab es zu keiner Zeit. Martin ist ein Urgewächs und steht für Hannover United. Wir mussten an anderer Stelle etwas ändern. Darum haben wir 2017 die GmbH gegründet und mit Vanessa Erskine, Joe Bestwick und Lewis Edwards drei Vertragsspieler verpflichtet. Das hat die Wende gebracht. Heute ist Martin Trainer, sitzt selbst nicht mehr im Stuhl.

Inzwischen hat er Hannover United zu einer soliden Erstliga-Mannschaft gemacht …
Das auch, aber nicht nur. Martin hat über Jahre bewiesen, dass er junge Spieler extrem gut weiterentwickeln kann - das steht für unsere Philosophie. Viele Spieler sind in jungen Jahren gekommen und in älteren Jahren geblieben. Wir finden es wichtig, einen soliden Unterbau zu haben. Es ist eine tolle Sache, dass wir Kinder und Jugendliche über unser Jugendteam und die 3. Mannschaft früh an den Rollstuhlbasketball und später an den Leistungssport in der 2. Mannschaft heranführen, die jetzt wieder in der 2. Rollstuhlbasketball-Bundesliga spielt. Wenn sie weitermachen und die Qualität haben, können sie sich irgendwann ganz oben mit den Besten messen.

Welches waren Ihre emotionalsten United-Momente?
Einer war der Tag, an dem wir die Thuringia Bulls geschlagen haben. Ich hatte während des Spiels immer damit gerechnet, dass es noch kippt. Doch es ist nicht gekippt. Danach war die Freude groß. Schade, dass unsere Fans die 40 Minuten Corona-bedingt nur am Bildschirm verfolgen durften. Ein weiterer United-Moment waren die Sadler-Freiwürfe 2018 im Spiel gegen Rahden.

In dem Spiel ging es gegen Verfolger Rahden um den Klassenerhalt. Lange Zeit sah es nicht gut aus für Hannover United. 
Das stimmt. Wir haben das erste Viertel hoch verloren, sind lange Zeit hinterhergelaufen. Kurz vor Schluss haben wir erstmals geführt, dann wieder zurückgelegen. Beim Spielstand von 69:71 war Jan im letzten Spielzug gefoult worden, die Uhr war abgelaufen. Er musste also treffen - und hat eiskalt verwandelt. Wir sind dann in die Verlängerung gegangen und haben das Spiel für uns entschieden. Ich bin ein paar Mal rausgelaufen, die Spannung konnte ich nicht aushalten. Erst als klar war, dass wir gewinnen , habe ich mich aus dem Technikraum zurückgetraut. Mit dem Klassenerhalt, der ein paar Wochen später klar war, haben wir United-Geschichte geschrieben und uns einen großen Traum erfüllt.

Der Traum lebt weiter. Inzwischen hat die Mannschaft viermal die Playoffs erreicht, zweimal davon das Halbfinale. Was macht Hannover United aus?
Hannover United ist trotz der Entwicklung ein kleiner Verein mit etwas mehr als 100 Mitgliedern. Wir leben von unseren Fans, von unseren Ehrenamtlichen und natürlich von Partnern und Sponsoren. Das Besondere daran ist aus meiner Sicht, dass es eine sehr große Schnittmenge gibt. Viele Ehrenamtliche sitzen nach dem Aufbau hinterm Korb oder auf der Tribüne und trommeln das Team nach vorn. Sponsoren und Partner werden Fans und Freunde. Viele Zuschauerinnen und Zuschauer, die erstmals in die Halle kommen, bleiben danach dabei. Das hat man zuletzt beim EuroCup gesehen, den wir ausrichten durften.

Inwiefern?
Dass die IWBF uns die Austragung dieses Finalturniers kurzfristig angetragen hat, obwohl wir zuvor noch nie international gespielt haben, ist eine große Auszeichnung für den Verein. An den - mit Aufbau - vier Tagen hatten wir knapp 75 Helferinnen und Helfer im Einsatz. Ein frisch getrautes Paar hat etwa die Flitterwochen verschoben, um ihre Aufgaben am Kampfgericht zu übernehmen. Dieser Einsatz, der Umgang miteinander, das Wohlfühlen vor Ort zeichnet Hannover United aus. Unser gutes Image hängt im Wesentlichen an unseren Ehrenamtlichen und Mitgliedern, die unseren Slogan "We Are United" leben.

Was ist Ihr größter Wunsch zum Jubiläum?
Ich würde mich freuen, wenn Hannover United irgendwann Deutscher Meister wird oder einen anderen nationalen oder internationalen Titel holt - das muss noch nicht in dieser und auch nicht in der kommenden Saison sein. Mit dem Vizepokalsieg 2018 steht ja schon ein halber Titel in unserer Vereinshistorie. Ich glaube, ein Titel wäre für Hannover eine tolle Sache und ein schönes Geschenk für diejenigen, die hier seit vielen Jahren großartige Arbeit leisten - neben und auf dem Spielfeld.

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