Gold-Mädchen: Hannover-United-Zugang Mariska Beijer freut sich über ihren Gewinn der Europameisterschaft mit den Niederlanden.

Hannover/Rotterdam. Hannover United hat eine Europameisterin. Mariska Beijer hat bei der Rollstuhlbasketball-Europameisterschaft in Rotterdam (Niederlande) mit der niederländischen Nationalmannschaft Gold gewonnen. Im Finale bezwang das Team Großbritannien mit 65:52. United-Zugang Beijer erzielte im Finale 24 Punkte und elf Rebounds. Während des Turniers kam die 28-Jährige in sieben Partien auf 170 Punkte und 80 Rebounds und wurde als MVP ausgezeichnet. Im Interview spricht Beijer über den Weg zum Titel, Puzzles und ihre Ziele mit Hannover United. 

Hast du dich gut von der Party erholt?
Ja, es ist sehr früh geworden, ich habe nicht so viel geschlafen. Da war so viel Adrenalin und Energie. Mein Körper war müde, aber mein Kopf nicht. Aber die Party war klasse. Alle Teams waren im gleichen Hotel, wir haben alle gemeinsam gefeiert. Wir hatten gutes Essen, ein bisschen Wein. Der Letzte war, glaube ich, unser Trainer Gertjan.

Welcher Moment war der schönste bei dieser Europameisterschaft? Welcher Moment war der lustigste?
Der schönste war natürlich das Finale. Aber nicht unbedingt der Titel an sich, sondern das Spiel. Die zweite Halbzeit war wirklich sehr gut von uns. Wir haben mit allen zwölf Mädchen gespielt, ständig gewechselt. Auch die ganz jungen Spielerinnen durften ein paar Minuten im Finale spielen. – das war unglaublich. Das lustigste waren die Momente, wenn wir gepuzzelt haben. Ich hatte fünf Puzzles mit, davon haben wir vier in der Woche geschafft. Mit Puzzles gewinnt man eine EM. Ich habe mit Cher (Korver, die Red.) zusammen Steine gelegt: blaue Luft und blaues Meer. Das haben wir ganz gut hinbekommen (lacht).

Mitte April seid ihr mit den Doneck Dolphins Trier im Play-off-Halbfinale ausgeschieden. Seit dem warst du mit den Oranje-Mädels zusammen. Wie viel habt ihr trainiert?
Anfangs waren wir zweimal in der Woche zusammen. Die letzten zwei Wochen waren wir jeweils drei, vier Tage zusammen. Zwischendurch waren wir noch acht Tage im Trainingslager in Kanada. Die Zeit hat uns richtig zusammengebracht. Wir haben fünf Tests gegen die Kanadierinnen gespielt und ein Spiel davon verloren. Wichtig aber war, dass wir viele Line-Ups ausprobieren haben und viele Gespräche hatten.

Ihr habt euch monatelang auf die Europameisterschaft vorbereitet, dann verdichtet sich alles auf sieben Spiele in acht Tagen. Wie fühlt man sich während einer solchen Phase?
Wir haben die ganze Saison viel Kondition getankt. Ich war sicher, wir waren fit. Ein paar etablierte Spielerinnen waren verletzt. Darum war es gut, dass die neuen und jungen Spielerinnen in den ersten Partien viele Minuten bekommen haben. Einmal Training pro Tag, ein Spiel – das war kein Problem.

Mariska Beijer internationale Erfolge
Paralympics Bronze 2016 (Rio), Bronze 2012 (London)
Weltmeisterschaft Gold 2018 (Hamburg), Bronze 2014 (Toronto), 2010 Platz 5 (Manchester)
Europameisterschaft Gold 2019 (Rotterdam), Gold 2017 (Teneriffa), Silber 2015 (Stoke Mandeville), Gold 2013 (Frankfurt), Silber 2009 (Stoke Mandeville)
U25-Europameisterschaft Gold 2014, Gold 2013

170 Punkte und 70 Rebounds in sieben Spielen: Mariska Beijer ist nicht nur Europameisterin, sondern auch zur wertvollsten Spielerin des Turniers gewählt worden. Hättest du gedacht, dass du so gut drauf bist?
Stimmt, der Ball liebt mich. Das Turnier ist für mich wirklich sehr gut gelaufen. Unglaublich. Aber andererseits ist es mein Job, den Ball reinzuwerfen. Und Bo Kramer hat auch ein sehr gutes Turnier gespielt und viele Punkte gemacht. Ich glaube, der MVP ist nicht für mich, sondern die ganze Mannschaft. Ohne Ilse (Arts, die Red.) oder Jitske (Visser, die Red.) komme ich nicht in die Positionen und werfe nicht so viele Körbe. 

Gegen die deutschen Rollstuhlbasketball-Frauen habt ihr in der Vorrunde den knappsten Sieg eingefahren. Seid Ihr froh, im Finale nicht gegen die deutsche Mannschaft gespielt zu haben?
Für mich ist der Gegner egal. Wir müssen unser eigenes Spiel spielen. Unser Fokus liegt auf uns. Und gegen Deutschland haben wir ja auch gut gespielt und gewonnen. Ich sehe da keinen Unterschied.

Nach 2017 auf Teneriffa und 2013 in Frankfurt war es dein dritter EM-Titel. Welcher war der schönste?
Frankfurt war der schönste Titel, weil es für die meisten aus dem Team der erste war. Außerdem haben wir damals in Deutschland mit einem Punkt gegen Deutschland gewonnen. Das war schon riesig. Dieser Titel ist der schönste 1a (lacht). Im Ernst: Vor heimischem Publikum zu gewinnen, war schon toll. Die Atmosphäre war klasse. Die Fans haben uns alle Spiele angefeuert und geklatscht, Freunde und Familie waren da – das war einfach wunderbar.

Du hast seit 2012 in jedem Jahr eine Medaille gewonnen, darunter einmal WM- und eben dreimal EM-Gold. Nur mit Olympischem Gold hat es noch nicht geklappt. Im nächsten Jahr gibts die nächste Chance in Tokio. Wie realistisch ist das?
Vielleicht. Hoffentlich. Wenn wir mit dieser Gruppe zusammen bleiben und weiter trainieren, ist das möglich. Nächstes Jahr könnte ein Traum werden.

Europameister Niederlande: Der Weg zum Titel
Finale gegen Großbritannien 65:52
Halbfinale gegen Spanien 57:31 
Vorrunde gegen Frankreich 72:34
Vorrunde gegen Deutschland 55:51
Vorrunde gegen Großbritannien 61:52
Vorrunde gegen Türkei 75:22
Vorrunde gegen Spanien 59:39

Wie geht es jetzt weiter? Machst du Urlaub?
Ja, diese Woche bin ich bei meinen Eltern. Dann relaxe ich ein bisschen zu Hause und werde viel schlafen. Und dann mache ich mir einen schönen Sommer. Der Rollstuhlbasketball hat mir sehr viele gute Freunde gebracht, die besuche ich. Eine wohnt in Schweden, so kommt ich mal nach Schweden. Das ist toll. Außerdem reise ich noch nach Großbritannien. Immer kleine Sachen. Das ist cool. Außerdem bin ich noch drei Tage in Belgien auf einem Festival – Tomorrowland. Da geht es ab, wootwoot.

Du hast dich kurz vor der Europameisterschaft dazu entschieden, von den Doneck Dolphins zu Hannover United zu wechseln. Warum?
Ich glaube, dass meine Rolle in Hannover eine ähnliche ist wie in Nationalmannschaft. Das tut mir gut, ich kann der Mannschaft helfen. Das ist die Möglichkeit für mich, das nächste Level zu erreichen – auch im Hinblick auf die Paralympics. Und: United spielt auch in orangefarbenen Trikots (lacht).

An den Finaltagen in Rotterdam waren mit Alexander Budde, Jan Haller und Jan Sadler drei United-Spieler mit der Männer-Nationalmannschaft zu Testspielen vor Ort, dazu United-Coach Martin Kluck als Assistenztrainer. Hattet ihr vor oder nach dem Endspiel Kontakt?
Ich habe Haller sehr kurze gesehen. Aber wir hatten leider nicht so viel Zeit. Wir haben eher Kontakt über Instagram und WhatApp.

Was sind deine Ziele mit Hannover United?
Das Ziel ist das Final Four – in der Liga und im Pokal. Mit der jungen Mannschaft ist wirklich viel möglich, sie hat so viel Potenzial mit den Nationalspielern. Das wird gut. Ich kann auch ständig mit großen Spielern wie Joe Bestwick oder Christoph Lübrecht trainieren – das ist gut für mich. Wenn ich die beiden stoppen kann, kann ich die Welt stoppen. 

Deutschlands Weg zu EM-Bronze
Spiel um Platz drei gegen Spanien 53:38
Halbfinale gegen Großbritannien 48:49
Vorrunde gegen Großbritannien 61:48
Vorrunde gegen Niederlande 51:55
Vorrunde gegen Spanien 64:43
Vorrunde gegen Frankreich 69:31
Vorrunde gegen Türkei 59:17

Wann wirst du zur Mannschaft stoßen?
In der zweiten September-Woche. Bis dahin trainiere ich individuell.

Die RBBL hat den Spielplan mit dem Saisonauftakt rausgegeben. Hast du das mitbekommen?
Nein, ich hatte nur Nationalmannschaft und Europameisterschaft im Kopf.

Hannover United startet gegen Rekordmeister RSV Lahn-Dill, Triple-Sieger RSB Thuringia Bulls und die BG Baskets Hamburg – die Top-Drei der vergangenen Saison.
Verdammt. Wow, das ist nice. Das könnte gut werden. Das ist für mich sehr motivierend. Wenn wir die Spiele gespielt haben, ist klar, wo wir stehen und woran wir für den Rest der Saison arbeiten müssen. Wir haben nichts zu verlieren und können frei spielen. 

Worauf freust du dich am meisten in Hannover?
Auf die Wochenmärkte (lacht). Ich liebe gutes Essen. Ansonsten werde ich die Stadt mit meinem Handbike erkunden. Und natürlich auf Vanessa (Erskine, die Red.), meine kleine "Warhawk". Wir haben damals zwei Jahre lang in Wisconsin zusammen gespielt. Ich freue mich wirklich sehr auf sie.

 

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